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Viele Führungskräfte kennen dieses Phänomen: Im Bewerbungsgespräch präsentieren sich hochqualifizierte Fachkräfte als eloquent und reflektiert, zeigen im Arbeitsalltag jedoch ein anderes Gesicht.

Daher entsteht eine Unsicherheit: Ist die sympathische Haltung im Interview echt oder nur eine taktische Anpassung? Dies erschwert fundierte Entscheidungen in der Führung, obwohl zu Beginn alles „glatt“ wirkt.

In diesem Artikel erfahren Sie die wissenschaftlich fundierten Gründe, warum dies gerade bei hochqualifizierten Fachkräften vorkommt, und wie Sie sie durch ihre wahren Motive und Werte erkennen und damit besser führen können. Solche problematischen Fälle sind jedoch die Ausnahme und spiegeln nicht die allgemeine Realität wider.

Wenn kognitive Intelligenz (IQ) von hochqualifizierten Fachkräften zum Nachteil wird

Es ist offensichtlich, dass hochqualifizierte Fachkräfte oft über ausgeprägte kognitive Fähigkeiten verfügen (analytisches Denken, Problemlösungsvermögen, schnelles Erfassen komplexer Zusammenhänge). Darüber hinaus bringen sie entscheidende Vorteile in den Arbeitsalltag: Sie treffen fundierte Entscheidungen und entwickeln kreative, wirkungsvolle Lösungen. Dank ihrer kognitiven Fähigkeiten und sozialen Kompetenz sind sie in der Lage, komplexe Projekte zu steuern, Teams zu motivieren und einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Organisation zu leisten.

Dies kann jedoch ein zweischneidiges Schwert sein. Zum Beispiel können diese Mitarbeitenden ihre kognitiven Fähigkeiten nutzen, um Regeln zu umgehen oder Daten zu ihrem Vorteil zu manipulieren. Wenn Mitarbeitende eigennützige Motive verfolgen und ihre persönlichen Werte nicht mit den Werten der Organisation übereinstimmen, steigt die Gefahr, dass es zu ethischen Fehltritten mit ernsthaften Folgen kommt.

Eine anschauliche Illustration liefert Ben Horowitz in dem Artikel „When Smart People Are Bad Employees“:

Wirklich clevere Mitarbeitende verfolgen mitunter andere Agenden als die Verbesserung des Unternehmens. Anstatt Schwachstellen zu identifizieren, um sie zu beheben, suchen sie nach Fehlern, um ihre eigene Argumentation aufzubauen. Konkret geht es dabei oft darum, darzulegen, dass das Unternehmen hoffnungslos sei und von einem Haufen Unfähiger geleitet werde. Je klüger der Mitarbeiter ist, desto zerstörerischer kann diese Art von Verhalten sein. Es braucht eine wirklich kluge Person, um maximale Zerstörung zu verursachen“.

Das bedeutet: Mitarbeitende mit hohem IQ finden Schwachstellen, mehren ihren Einfluss und können systematisch die Kultur oder Prozesse untergraben, wenn persönliche Ziele über das Gesamtwohl gestellt werden.

Die Schattenseite der sozialen Intelligenz

Wissenschaftlich belegt ist, dass hohe kognitive Fähigkeiten oft mit sozialem Verständnis und Anpassungsfähigkeit verbunden sind – mit sogenannter „sozialer Intelligenz“. So konnte Susanne Weis von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau in ihren Studien zur sozialen Intelligenz zeigen [4]. Dadurch können Mitarbeitende gezielt oder unbewusst ein Bild vermitteln, das ihre tatsächlichen Motive verschleiert.

Forschung zeigt außerdem: Mitarbeitende mit machiavellistischen Eigenschaften manipulieren, sabotieren oder handeln destruktiv – oft gezielt, um ihre Ziele zu erreichen [2]. Sie nutzen ihre soziale Intelligenz strategisch, um ihre Ziele zu erreichen und gleichzeitig interne Prozesse der Organisation zu untergraben.

Die „Dunkle Triade“ – Machiavellismus, Psychopathie und Narzissmus – wird besonders riskant, wenn sie auf hohe Intelligenz trifft. Hochqualifizierte Fachkräfte mit diesen Persönlichkeitsmerkmalen nutzen ihre analytischen Fähigkeiten strategisch und planmäßig, um Macht zu sichern, Ressourcen abzuschöpfen und individuelle Interessen über Team- oder Unternehmensziele zu stellen. Sie sind in der Lage, soziale Dynamiken zu ihrem Vorteil zu auszunutzen, gleichzeitig charmant aufzutreten und potenziell toxische Verhaltensweisen zu verschleiern.

Die Risiken der emotionalen Intelligenz

Daniel Goleman [1] ist ein amerikanischer Psychologe, der vor allem für seine Arbeiten im Bereich der emotionalen Intelligenz bekannt ist. Emotionale Intelligenz Fähigkeit, eigene Emotionen und die Emotionen anderer zu erkennen, zu verstehen und konstruktiv zu steuern. Sie umfasst Fähigkeiten wie Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung, Empathie und soziale Kompetenz. Seiner Meinung nach sind diese Fähigkeiten unerlässlich, um mit komplexen zwischenmenschlichen Situationen umzugehen und effektiv zu führen. Obwohl diese Fähigkeiten im Allgemeinen positiv bewertet werden, gibt es Hinweise darauf, dass Personen mit hoher emotionaler Intelligenz ihre Fähigkeiten zu manipulativen oder betrügerischen Zwecken einsetzen können.

Deshalb können wir sagen, dass emotionale Intelligenz also eine dunkle Seite hat. Die Emotionsregulation, eine Komponente der emotionalen Intelligenz, spielt eine wichtige Rolle beim Betrug. Sie hilft Menschen, während der Täuschung die Nerven zu behalten und glaubwürdig zu bleiben. Die Forschung zeigt: Je besser die Emotionsregulation, desto leichter fällt es, andere zu täuschen, die Emotionsregulation emotionales Entblättern während des Lügens reduzieren kann [3].

Wer andere empathisch lesen kann, kann Emotionen gezielt einsetzen, um Zustimmung oder Sympathie zu erzeugen – selbst wenn die inneren Werte nicht übereinstimmen. Das macht es für Führungskräfte schwer, die tatsächlichen Motive und Werte in Gesprächen zu identifizieren.

Hochqualifizierte Fachkräfte: Warum Interviewer oft falsche Eindrücke gewinnen

Im persönlichen oder Video-Gespräch versuchen Interviewer herauszufinden, ob der Kandidat zur Organisation passt. Dabei projizieren sie oft unbewusst ihre eigenen Vorstellungen und betrachten ihre Eindrücke als objektiv.

Je mehr Interviewerfahrung jemand hat, desto stärker verlässt er sich auf seine Intuition. Gleichzeitig gilt: Je flexibler und kommunikativer ein Kandidat ist und je höher seine soziale Sensibilität, desto überzeugender wirkt er im Gespräch. Wie viele Fehlentscheidungen dabei getroffen wurden, wissen oft nur die Interviewer selbst, die sich lieber an gelungene Gespräche erinnern als an Fehleinschätzungen.

Um das Verhalten von Kandidaten in der Organisation besser zu verstehen und vorherzusagen, sind instrumentelle Verfahren der Personalauswahl hilfreich. Diese Methoden, wie z. B. die Motivationspotenzialanalyse (MPA) oder projektive Techniken, erlauben einen tieferen Blick in die Persönlichkeit, ihre verborgenen Eigenschaften und inneren Konflikte.

5 Tipps, wie Sie hochqualifizierte Fachkräfte führen

Hier finden Sie nützliche Tipps, die Ihnen ermöglicht, die wahren Motive und Werte von hochqualifizierten Fachkräften zu erkennen und sie entsprechend klarer steuern zu können.

  1. Beobachten Sie das Verhalten, nicht nur die Worte. Achten Sie im Arbeitsalltag auf konkrete Verhaltensweisen und Entscheidungen statt auf Erzählungen. Hochqualifizierte Mitarbeitende können überzeugend formulieren, aber entscheidend sind die Handlungen in schwierigen Situationen, die oft mehr über Werte aussagen als Worte.
  2. Achten Sie auf die dunkle Seite sozialer Intelligenz: Machiavellismus, Psychopathie und Narzissmus. Deshalb liegt es in der Verantwortung von Führungskräften, , hierauf zu achten.. Fördern Sie eine Kultur, in der Werte offen angesprochen und kritisch reflektiert werden können.
  3. Fördern Sie Werte- und Motivtransparenz durch regelmäßige Wertegespräche. Schaffen Sie feste Räume, in denen Werte und Motive im Team besprochen werden. Dies kann durch Feedbackrunden, Supervision oder werteorientierte Zielgespräche geschehen.
  4. Nutzen Sie Projektive Techniken (z. B. Rorschachtest) und Motivationspotenzialanalyse als wertvolle Instrumente für die Personalauswertung. Diese Methoden ermöglichen ehrliche Einblicke und unterstützten Führungskräfte bei der Personalauswahl und hilft, Teams optimal zusammenzustellen.
  5. Seien Sie klar in Ihren eigenen Werten. Hochqualifizierte Fachkräfte testen oft bewusst oder unbewusst die Werte ihrer Führungskraft. Daher ist es wichtig, dass Sie als Führungskraft Ihre eigenen Werte klar kommunizieren und diese auch vorleben. So schaffen Sie Orientierung und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass hochqualifizierte Mitarbeitende ihre eigenen Werte im Einklang mit den Zielen des Unternehmens reflektieren und leben.

Fazit

Um hochqualifizierte Fachkräfte erfolgreich zu führen, ist es wichtig, ihre wahren Werte und Motive zu erkennen und sich nicht nur auf Worte zu verlassen. Dafür sind moderne Techniken und eine klare, werteorientierte Führung notwendig, um ihre Potenziale nachhaltig zu entfalten.

Quellen:

  1. Goleman, D. (2005). Emotional intelligence: Why it can matter more than IQ. Bantam.
  2. Jonason, P. K., Slomski, S., & Partyka, J. (2012). The Dark Triad at work: How toxic employees get their way. Personality and individual differences, 52(3), 449-453.
  3. Vrij, A., Fisher, R. P., & Blank, H. (2017). A cognitive approach to lie detection: A meta‐analysis. Legal and Criminological Psychology, 22(1), 1-21.
  4. Weis, S. (2008). Theory and measurement of social intelligence as a cognitive performance construct (Doctoral dissertation, Magdeburg, Univ., Diss., 2008).