In der Berufspraxis stellt die subjektive Wahrnehmung oft eine Herausforderung dar. Missverständnisse, falsche Annahmen und Interpretationen und die Schwierigkeit, die wahren Motive hinter den Handlungen der Kollegen zu erkennen, beeinträchtigen das Arbeitsklima.
Um Kommunikationsbarrieren zu überwinden, ist es wichtig, passende Instrumente zu nutzen. Eines dieser Instrumente ist das Johari-Fenster, ein psychologisches Modell, das es kennenzulernen lohnt. Mit seiner Hilfe können wir sowohl uns selbst als auch andere besser verstehen lernen. Es unterstützt uns dabei, unsere Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern und konstruktives Feedback zu geben und zu empfangen.
Die vier Felder des Johari-Fensters
Es wurde 1955 von den amerikanischen Psychologen Joseph Luft und Harry Ingham [1] entwickelt und trägt auf Basis seiner Entwickler seinen ungewöhnlichen Namen. Dieses Modell ist seit Jahrzehnten einer der führenden Ansätze zur Veranschaulichung von Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung einer Person. Die Diskrepanzen werden daher übersichtlich in vier Bereichen dargestellt:
- Öffentlich: Dieses Merkmal umfasst alle Eigenschaften, die uns selbst und anderen bekannt sind. Es bezieht sich auf Charakterzüge, die offenbart werden und von anderen beobachtet werden können.
- Geheim: Das ist alles, was wir nicht von uns offenbaren. Diese Merkmale sind unserem Ich bekannt, werden aber nach außen bewusst oder unbewusst verborgen.
- Der „blinde Fleck“ bezieht sich auf Eigenschaften und Verhaltensweisen, die wir an den Tag legen und die von anderen wahrgenommen werden, obwohl wir selbst sie nicht erkennen. Es sind diese unbewussten Signale, die wir aussenden.
- Unbekannt: Unbekannte Merkmale sind jene, die weder uns selbst noch unserer Umwelt bekannt sind. Dieses Feld beschreibt unentdecktes Gebiet einer Persönlichkeit, das häufig Unbewusstes beinhaltet.
Selbstentwicklung mithilfe des Johari-Fensters
Der blinde Fleck und/oder der geheime Bereich beeinflussen die Größe des öffentlichen Bereichs. Jeder kann selbst entscheiden, ob er den letzten Bereich erweitern will. So können Sie weitere Schritte zur Erweiterung des öffentlichen Bereichs vornehmen [4].
Den geheime Bereich können Sie reduzieren, indem Sie die Qualitäten, die Sie selbst kennen, öffentlich zeigen und auf diese Weise anderen von einer Seite erscheinen, die ihnen zuvor unbekannt war.
Ihren blinden Fleck können Sie reduzieren, indem Sie Ihren Mitmenschen Fragen zu Ihrer Person oder ihrem Verhalten stellen und das Feedback analysieren. Um den unbekannten Bereich zu verringern, sollten Sie zunächst überlegen, welche Eigenschaften Sie erlangen und entwickeln möchten. Anschließend sollten Sie Wege aufzeigen, wie Sie diese Eigenschaften erwerben können, beispielsweise durch Therapie, Coaching oder Weiterbildung. Dadurch werden bisher unbewusste Aspekte Ihrer Persönlichkeit bewusst und können handhabbar werden.
Die vier Schritte zur effektiven Nutzung für das Feedback in der Teamarbeit
Um das Johari-Fenster effektiv zu nutzen, sollten die Führungskräfte die vier Schritte befolgen, die von John W. Newsom und Stephen A. Rubenfeld [3] vorgeschlagen wurden. Sie haben herausgefunden, wie sie die Größe der Bereiche verändern können werden. Diese Prozesse drehen sich um die Selbstoffenbarung und das Geben und Empfangen des Feedbacks.
- Der erste Schritt ist die Festlegung der Häufigkeit des Feedbacks, mit der die Mitarbeitenden Feedback erhalten. Dies bedeutet, wie oft die Mitarbeitenden die Meinung anderer erfahren möchten. Wenn dies regelmäßig geschieht, können die Mitarbeitenden kontinuierlich davon profitieren.
- Der nächste Schritt ist die Festlegung der Regeln für Selbstoffenbarung. Dieser Prozess bezieht sich darauf, welche Informationen, Gefühle und Gedanken man mit seinen Kollegen teilen möchte und welche man lieber für sich behält. Je kleiner der geheime Bereich ist, desto vertrauenswürdiger wirken die Mitarbeitenden. Allerdings sollte man darauf achten, dass einige sensible Informationen nicht mit den Kollegen geteilt werden sollten.
- Dann kommt die Feedback-Gabe. Dies muss sorgfältig, behutsam und immer aus der Ich-Perspektive erfolgen. Es ist die Pflicht der Kollegen, ihre Meinung korrekt zu teilen, um den gewünschten Effekt zu erreichen.
- Der vierte und letzte Schritt ist die Schaffung eines Umfelds für Selbstoffenbarung. Dadurch können die Mitarbeitenden ihre Gefühle, Überzeugungen, Einstellungen und Emotionen in einer unterstützenden Atmosphäre teilen und effektiv mit ihren Kollegen zusammenarbeiten.
Johari-Fenster: Die Grenzen
Wie oben beschrieben, hat die Nutzung des Johari-Fensters auch Grenzen, da es auf die Anwendung durch Menschen angewiesen ist [5]. Manche sensible Informationen sollten besser geheim gehalten werden. Wir sollten nicht alles mit jedem teilen, da einige Menschen diese Informationen weitergeben könnten, was zu negativen Folgen wie zu starker Angreifbarkeit führen kann.
Dieses Instrument wird hauptsächlich verwendet, um Vertrauen und Zusammenhalt im Team zu fördern. Leider kann es passieren, dass jemand nicht vertrauenswürdig ist und unsere Geheimnisse für eigene Zwecke nutzt. Ein weiteres Problem kann auftreten, wenn der Empfänger des Feedbacks etwas falsch interpretiert und sich damit unwohl fühlt. In solchen Situationen sollten die Beteiligten ein persönliches Gespräch führen, um Missverständnisse zu klären. Außerdem hängt die Wirkung von Feedback stark vom kulturellen Hintergrund ab, weil in einigen Kulturen das Feedback als eine sehr persönliche Angelegenheit angesehen wird.
Fazit
- Luft, J., & Ingham, H. (1955). The Johari window, a graphic model of interpersonal awareness. Proceedings of the western training laboratory in group development, 246.
- Luft & Ingham – The Johari Window – PAEI – Structures of Concern (wikidot.com) http://paei.wikidot.com/luft-ingham-the-johari-window
- Newstrom, J. W., & Rubenfeld, S. A. (1983, March). The Johari window: A reconceptualization. In Developments in Business Simulation and Experiential Learning: Proceedings of the Annual ABSEL conference (Vol. 10).
- Perry, P., Graat, J., & Becker, U. (2011). Couch fiction: wie eine Psychotherapie funktioniert. Kunstmann.
- Trocka, I. (2017) The Johari Window–a Model for Disclosing and Giving Feedback as a Way to Improve Relations in Small and Medium Companies. Perspektywy rozwoju przedsiębiorczości w kontekście zarzadzania firmą, 37.